Baden-Württemberg kann jetzt auch Bildungsurlaub

Nun sind es 13 Bundesländer mit dem Recht auf Bildungsurlaub: Am 11. März 2015 hat der Landtag von Baden-Württemberg ein „Bildungszeitgesetz“ beschlossen, das in seinen Grundzügen den Standards entspricht, die auch in den anderen Bundesländern mit Bildungsfreistellung/Bildungsurlaub gelten: bis zu fünf Tage bezahlte Freistellung, möglich sind Themen aus der politischen und beruflichen Bildung sowie die Qualifizierung für Ehrenämter, Kleinbetriebe erfahren speziellen Schutz. Die Regelung soll im Juli in Kraft treten.

Rätselhafterweise dokumentiert die Website des Landtags bisher weder den Beschluss noch den Gesetztestext.

Nachtrag 16.3.: Inzwischen doch im Netz! und zwar unter dieser Adresse.

 

Gesetzes-Vorbereitungen in Thüringen

Die Thüringer Landesregierung hat am 3. März 2015 – wie im Koalitionsvertrag angekündigt – einen Gesetzentwurf zum Bildungsurlaub beschlossen und wird diesen in Kürze in den Landtag einbringen. Der Text ist noch nicht veröffentlicht – die geplanten Regelungen bewegen sich im Rahmen des auch anderswo Üblichen: fünf Tage Bildungsfreistellung für politische, berufliche oder ehrenamtsbezogene Bildung, Schutzklauseln für Kleinbetriebe, Anrechenbarkeit betrieblicher Bildungsmaßnahmen…

Erste kritische Anmerkungen kommen aus CDU-Opposition und Wirtschaft wegen angeblicher „Wirtschaftsfeindlichkeit“, aber auch von den Gewerkschaften wegen zu viel Rücksichtnahme auf betriebliche Interessen.

NRW: Bildungsurlaub für Azubis beschlossen

Am 3. Dezember 2014 hat der nordrhein-westfälische Landtag die geplante Änderung des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes NRW  wie absehbar beschlossen: Damit gibt es nun ein Recht auf Bildungsfreistellung für Auszubildende, und zwar auf fünf Arbeitstage für politische Bildung in den ersten beiden Dritteln der Ausbildungszeit.

Vergleichbare Seminare der Arbeitgeber (die in diesem Themenspektrum kaum zu erwarten sind) können auf diesen Anspruch angerechnet werden. Die Regelung ist nach Verkündigung im Gesetz- und Verordnungsblatt NRW  (Nr. 40/2014 vom 9. Dezember) am 10. Dezember 2014  in Kraft getreten.

Bildungszeit-Gesetzentwurf in Baden-Württemberg

Die Landesregierung von Baden-Württemberg hat im November 2014 den lange – seit 2011 – angekündigten Gesetzentwurf über eine Bildungsfreistellung – hier „Bildungszeit“ genannt – ins Parlament eingebracht. Nach dem ersten Eindruck orientiert sich der Entwurf  in der inhaltlichen und Verfahrensregeln stark an den Gesetzen anderer Bundesländer; die Anerkennung von qualitätstestierten Trägern (statt einzelner Seminare) soll bürokratischen Aufwand vermeiden. Berufliche Bildung steht im Vordergrund der öffentlichen Argumente. Kleinbetriebe-Schutzklauseln u.ä. unterstreichen den Vorsatz, den Arbeitgebern wenig Belastung aufzuerlegen. Doch auch politische Bildung bildungszeitgesetz-BaWüund Qualifizierung für Ehrenämter sind eingeschlossen in die möglichen Inhalte.

Der Volkshochschul-Verband des Landes forderte bereits, die allgemeine Bildung zukünftig mit aufzunehmen – „insbesondere psychologische und soziale Schlüsselqualifikationen, der Kreativ- und der Entspannungsbereich. Denn zum einen ist es mit der Abgrenzbarkeit von Allgemeiner und Beruflicher Weiterbildung ja ohnehin nicht weit her und zum anderen ist eine gute Allgemeinbildung erwiesenermaßen die beste Vorbereitung auf noch unbekannte berufliche Herausforderungen“.

Der Entwurf ist hier nachzulesen und herunterzuladen.

 

 

 

Arbeitnehmerweiterbildung auch für Azubis in NRW geplant

Immerhin, man traut sich, an das „heiße Eisen“ Arbeitnehmerweiterbildungs-Gesetz (so heißt das Bildungsurlaubsgesetz in NRW) heranzugehen und den Kreis der Berechtigten um Auszubildende zu erweitern! Die NRW-Landesregierung hat soeben den Entwurf eines entsprechenden Änderungsgesetzes dem Landtag vorgelegt.

Die Forderung – vor allem der Jugendverbände und der Gewerkschaften – stand schon länger im Raum und fand mit dem Satz “ Das Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz wollen wir auch für die Bildung von jungen Menschen nutzen.“ Aufnahme in die rot-grüne Koalitionsvereinbarung von 2012. Die Sondierungsgespräche mit den Tarifpartnern haben nun offenbar ergeben, dass sich der (übliche) Widerstand der Arbeitgeber in Grenzen halten wird. Kein Wunder, rechnet man doch – in Anlehnung an hessische Erfahrungen – mit einer Nutzung von etwa 1 % der Berechtigten und einer „Belastung“ von 0,01 % der Personalkosten.

Vorgesehen sind insgesamt 5 Tage während der ersten beiden Jahre der Ausbildung. Und wie in anderen Bundesländern sieht die Regelung eine Bildungsfreistellung von Azubis nur für Veranstaltungen der politischen Bildung vor.

 

Schein-Debatten in BaWü

Es ist schon erstaunlich, wie hoch die Bereitschaft zu bildungspolitischen Geisterdiskussionen manchmal noch ist – jedenfalls beim Thema „Bildungsurlaub/Bildungszeit“. In Baden-Württemberg ziehen derzeit die Gegner der Bildungsfreistellung – Arbeitgeber und CDU-Opposition – alle Register, um den drohenden Absturz einer funktionierenden Ökonomie durch das geplante Bildungszeitgesetz auszumalen: Da geht man z.B. davon aus, dass alle Berechtigten das neue Recht in Anspruch nehmen. (Tatsächlich sind es in den Flächenländern nirgendwo mehr als 1 %). Oder der Kleinbetrieb wird ruiniert gesehen durch den Arbeitskraftausfall (als gebe es keine Erfahrungen mit Kleinbetriebeklauseln und Erstattungsregelungen, sogar in den „armen“ östlichen Bundesländern).

Wer hilft den Badenern und Württembergern aus dieser provinziellen Verzweiflung heraus und vermittelt ihnen mal ein paar Erfahrungen mit dem Bildungsurlaub?

 

„Bildungszeit“ in Baden-Württemberg

Die Vorsätze der grün-roten Landesregierung von Baden-Württemberg, auch im „Ländle“ zur Unterstützung des lebenslangen Lernens das Instrument der bezahlten Bildungsfreistellung einzuführen, werden weiterhin heiß diskutiert. Schon in der Koalitionsvereinbarung von 2011 angekündigt, werden nun im federführenden Wirtschaftsministerium bis zum Sommer 2014 Eckpunkte eines Gesetzes ausgearbeitet. Ein ambitionierter Zeitplan sieht parlamentarische Anhörungen im Sommer und ein Inkrafttreten zum Jahresbeginn 2015 vor.

Eine soeben vom Wirtschaftsministerium vorgestellte Infratest-Studie untermauert Notwendigkeit und Chancen: Sie zeigt unterdurchschnittliche Weiterbildungsteilnahme in Baden-Württemberg, besonders von Geringqualifizierten, ebenso auf wie eine hohe Bereitschaft, Bildungsurlaub in Anspruch zu nehmen. Dem drohenden Fachkräftemangel könne mit dem „Bildungszeitgesetz“, wie das Vorhaben nun heißt, entgegengetreten werden. Diesem Optimismus widersprechen die Wirtschafts- und Unternehmensverbände und die Landtags-Opposition mit dem Hinweis auf Probleme von Kleinbetrieben und steigende Arbeitskosten; Experten siedeln deren Größenordnung allerdings im Promillebereich an.

Zwischen den Regierungsfraktionen knirscht es auch: Bei den Grünen gibt es, obwohl die Modelle anderer Bundesländer im Koalitionsvertrag ausdrücklich genannt werden, offenbar noch Widerstände gegen eine Freistellung für politische und allgemeine Bildung sowie für ehrenamtliches Engagement. Dieser Ängstlichkeit stellt sich ein jetzt konstituiertes „Bündnis für Bildungszeit“ entgegen, dem Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände, Landesjugendring, Weiterbildungs-Dachorganisationen, Umweltgruppen und Kirchen angehören und das klarstellen will, dass das Projekt „Bildungszeit“ aus der gesamten Breite der Gesellschaft unterstützt wird.

 

 

Gründungserklärung „Bündnis Bildungszeit für Baden-Württemberg“:
http://bw.dgb.de/presse/++co++ae34cffa-e262-11e3-9aed-52540023ef1a?t=1

Bildungsurlaub in Bremen – Vorschläge zur Weiterentwicklung

Es gibt Bundesländer, die das Instrument der Bildungsfreistellung so schätzen, dass sie es regelmäßig beobachten und evaluieren. Im Land Bremen wurden jetzt Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, in der Wirkungen der 2010 erfolgten Gesetzesänderung, Nutzungstendenzen und Schlussfolgerungen für die Zukunft formuliert wurden.
Ein Team der Universitäten Bremen und Hannover hat Teilnehmende und Planer*innen befragt, Statistiken und Angebote analysiert und u.a. festgestellt, dass der Bildungsurlaub viele „Wiederholungstäter“ kennt, aber mit flexiblen Zeit- und Inhaltskonzepten auch immer wieder neue Gruppen erreichen kann.
Zu den Handlungsempfehlungen für Politik und Sozialpartner gehören u.a. diese Punkte:
• Der Begriff des Bildungsurlaubs sollte durch einen anderen Begriff ersetzt werden, etwa Bildungsfreistellung.
• Ablaufmodelle zur Aushandlung und Beantragung von Bildungsfreistellung in Unternehmen und Organisationen wären wünschenswert.
• Betriebsräte sollten als Multiplikatoren für die Information, Beratung und Aushandlung von Bildungsfreistellung in Unternehmen geschult werden.
• Bildungsplaner/innen sollten sich für die Entwicklung neuer Formate der Bildungsfreistellung in allen Bildungsbereichen fortbilden
Auch für die pädagogische Planung der Bildungsangebote gibt es Empfehlungen, z.B.:
• Der identifizierte weite Bildungsbegriff zwischen politischem Handeln und Reflexion, Employability und Beruflichkeit sowie individueller Entfaltung, Kulturalität und leiblich-emotionaler Stabilisierung ist in Balance weiter zu entwickeln.
• Fortschreibung der Langzeitformate mit den entwickelten Konzeptionen und Entwicklung neuer Zeitformate und Veranstaltungsformen für verschiedene Adressatengruppen.
• Neue Planungskategorien für neue Zielgruppen sind zu eruieren, z.B. für junge Erwachsene Sozialraumbezug oder mediale Einbettung.
• In der beruflichen Bildung sollten Kompaktformate beibehalten und gestufte Zeitformate mit konzeptionellen Neuüberlegungen weiter ausgebaut werden.
• Die Ausdifferenzierung der Gesundheitsbildung und Kulturellen Bildung entsprechen einem anhaltend hohen Bedarf. Sie dienen sowohl der Entfaltung des Individuums als auch dem Erhalt der Arbeitsfähigkeit und sollten weiter ausgebaut werden.
• Geschlechterverteilung der Teilnahme sowie die Inhalte des Bildungsurlaubs sind unter Genderaspekten kritisch zu analysieren.
Quelle: www.arbeitnehmerkammer.de/cms/upload/Politikthemen/Bildung/20140205_BU_Robak_Heidemann_Pohlmann_Rippien.pdf [Abruf 6.6.2014]

Thüringen rudert rückwärts!

Da waren’s wieder 12 (Bundesländer):
Heute – um kurz nach 18 Uhr – hat der Landtag von Thüringen die Gesetzesinitiativen zur Bildungsfreistellung für diese Legislaturperiode „beerdigt“. Gesetzentwürfe und Anträge der Linken und von Bündnis 90/Grünen wurden mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP abgelehnt, die Große Koalition wird entgegen ihrer Koalitionsvereinbarung bis zur Landtagswahl im September keinen eigenen Regierungsentwurf mehr einbringen, weil sie sich nicht einigen konnte. (Der Streit dreht sich um die „Belastung“ der Wirtschaft.) Die SPD konnte sich  nicht dazu durchringen, dem von der Linken-Fraktion ins Parlament eingebrachten Referentenentwurf ihres eigenen Bildungsministers Matschie zuzustimmen.